2008: Achtzehn Jahre nach der Wiedervereinigung wurde die Republik volljährig und jeder neunte Bundesbürger wünschte sich die Mauer zurück, so eine Forsa Umfrage. Ein Jahr vor dem historischen Datumwanderte Martin Sonneborn, der ehemalige Titanic-Chefredakteur, Parteivorsitzende der Partei Die Partei und ab 2014 Mitglieder des europäischen Parlaments, 234 km rund um die deutsche Hauptstadt.
Durch diese Expedition wollte Sonneborn herausfinden, ob und welches Leben im ehemaligen Zonenrandgebiet existiert. Gleich zu Beginn seines Gewaltmarsches entlang des landschaftlich eher trostlosen Berliner Grenzgebiets stieß Sonneborn auf einen nackt sonnenbadenden Ossi, der dies heimlich machte, da seine aus dem Westen stammenden neuen Nachbarn ihn allzu misstrauisch beäugen. Interessant war auch ein Gespräch mit zwei jungen Mädchen, die nichts über die DDR wussten, diese aber dennoch für besser als die aktuellen Zustände hielten.
Auf den ersten Blick erinnert Sonneborns unterhaltsam improvisierter Dokumentarfilm an die Reiseberichte von Franz Xaver Gernstl. Doch im Gegensatz zum sensiblen Bayern, der seine Reisebekanntschaften ausreden lässt und nie bloßstellt, provoziert der Satiriker Sonneborn seine Gesprächspartner freundlich aber bestimmt, wobei Borat durchaus grüßen lässt. Erstaunlich schnell kitzelt Sonneborn dabei allerlei Vorurteile heraus, die zeigen, dass die Mauer in den Köpfen der Menschen noch lange nicht verschwunden ist.
Extras der DVD: Drei weiterer Reisebegegnungen (27:14 min), 18 kurze aber bizarre Begegnungen (20:48 min), Interview mit Martin Sonneborn (17:22 min), Trailer (1:59 min), Trailer zu „Die Partei“ und „Titanic informiert“
Es bleibt weiterhin erstaunlich. Bereits ein halbes Jahr nach seinem wuchtigen Band Staying West: Comics vom Wilden Westen präsentiert Alexander Braun ein ebenso großartig recherchiertes und opulent bebildertes Fachbuch. Anlass sind der 70. Geburtstag von Matt Groening, das 35-jährige Bestehen der Animationsserie Die Simpsons,sowie eine von Braun kuratierte Ausstellung, die noch bis zum 27. Oktober bei freiem Eintritt im Schauraum Comic & Cartoon in Dortmund zu sehen ist.
Hier vielleicht ein paar persönliche Worte zu den Simpsons: Es gab eine Zeit, da setzte ich alles dran, um im ZDF bloß keine Folge mit der gelben Familie zu versäumen. Ich bestellte wegen der originellen Figuren von Homer oder Bart bei Burger King die Kid Meals, sammelte die Comics und kaufte DVD-Editionen, die meist in großartig gestalteten Boxen angeboten wurden. Mittlerweile gibt es die Serie immer noch, ich habe jedoch irgendwann das Interesse daran verloren. , keine Ahnung warum. Vielleicht ist es mit jeder Delikatesse so, dass diese bei regelmäßigen Konsum irgendwann nicht mehr so vortrefflich mundet wie anfangs.
Auch durch intelligente Bücher wie Subversion zur Prime-Time: Die Simpsons und die Mythen der Gesellschaft konnte ich nicht als Simpsons-Fan revitalisiert werden. Doch dank Alexander Braun wurde mein Leben wieder etwas gelber. Vor dem Verfassen der Rezension habe erst einmal sicherheitshalber die DVD-Box mit der dritten Staffel der Simpsons bestellt, da dort die bei Disney+ fehlende Michael-Jackson-Episode Die Geburtstagsüberraschung enthalten ist, die zugleich auch noch Einer flog über das Kuckucksnest parodiert.
Ebenfalls bestellt habe ich das Comicheft Bart Simpsons Horror Show, da dort eine Treehouse-of-Horror-Parodie auf Swamp Thing enthalten ist, die von Len Wein und Bernie Wrightson, den Schöpfern des DC-Sumpfdings stammt. Außerdem amüsierte ich über diverse Vorspann-Sequenzen, für die Künstlern wie Bill Plympton, Guillermo del Toro, der Disney-Animator Eric Goldberg oder Banksy sehr individuell gestalteten Couch-Gags gestalteten.
Doch zurück zum Buch. Dieses besticht dadurch, dass Braun sich nicht darauf beschränkt Theorien über die Bedeutung der Serie und der “gelben Philosophen“ aufzustellen. Wichtiger ist es ihm in Wort und Bild darzulegen, wie die Simpsons entstanden sind und warum sie auch nach mehr als 750 Episoden immer noch ein großer Erfolg sind. Das zentrale Thema der Serie ist “Familie“ und eine der Hauptinspirationsquellen für Matt Groening war zweifelsohne sein Vater, der passenderweise auch Homer hieß.
Braun zeigt viele Beispiele für die Kreativität, des als Cartoonisten, Werbegrafiker und Filmemacher in Portland tätigen Homer Groening. Ein wichtiges Thema des Buchs ist aber auch Matt Groenings 1977 gestarteter Comicstrip Life in Hell, dessen Hauptfigur der vom vom Leben überforderte Hase Binky ist. Die in einem lockeren Stil hingehauene Serie fand immer mehr Fans. Darunter befand sich auch der Filmemacher James L. Brooks (Zeit der Zärtlichkeit), dem es gelang den neuen TV-Sender FOX davon zu überzeugen, kurze Animations-Sequenzen mit den Figuren aus Live in Hell in der Tracey Ullman Show zu zeigen.
Als Groening im Vorzimmer des Büros von Brooks darauf wartete, seine Ideen den FOX –Managern vorzutragen, kamen ihm Zweifel, denn er wollte die Rechte an Life in Hell behalten. In wenigen Minuten entwarf er stattdessen eine Parodie auf perfekte TV-Familien. Aus Zeitmangel benannte er die Familienmitgliedern nach seinen Eltern und Schwestern. Er kam damit durch, und nachdem die kurzen Clips mit der gelben Familie die Ullman-Show bereichert hatten, gelang es Brooks für die ersten 13 Episoden einer Simpsons-Serie bei FOX sagenhafte 13 Millionen Dollar locker zu machen.
Braun beschreibt und zeigt detailliert wie die Kommunikation zwischen den Autoren in Los Angeles und den Animatoren in Taiwan abläuft, wie die Drehbücher immer mehr verfeinert werden und wie fertig animierte Sequenzen aus Fernost noch einmal neu gedreht werden müssen, sofern sie nicht funktionieren. Zum Abdruck kommt ein kompletter Style Guide, der das Erscheinungsbild der Figuren bis ins Detail festlegt.
Ein großes Thema sind auch die Simpsons-Comichefte, die sich in Deutschland zeitweise größerer Beliebtheit als in den USA erfreuten. Das Buch enthält ein ausführliches Interview mit Bill Morrison, der nicht nur für die Comics zuständig war, sondern auch “Matt Groenings wichtigster Mann für Simpsons-Illustrationen jenseits der TV-Serie“ ist. Passend dazu kommen auch Abbildungen von Merchandise-Artikeln wie Adidas-Turnschuhe, bemooste Terrakotta-Tonköpfe von Homer oder ohne Lizenz in Handarbeit produzierte Simpsons-Figuren aus Mexiko mit Stars-Wars-Thematik.
Doch das ist noch lange nicht alles. Wir erfahren auch Details über die Zusammenarbeiten mit Michael Jackson und Banksy, über ein in der Nähe von Las Vegas in Originalgröße errichtetes Simpsons-Haus, sowie über eine zehnminütige Episode die exklusiv für eine Pariser Modenschau von Balenciaga produziert und animiert wurde. Gelber kann es wirklich nicht mehr werden.
Verdammt lange ist es her! Bereits 2002 erschien die zweite Auflage dieses Buches, das laut Eigenwerbung die „medienkritische Analyse mit der Vergnüglichkeit eines Fanbuches verbinden“ soll. Damals wurden die ersten zwölf Staffeln der ungemein erfolgreichen Trickfilm-Serie Die Simpsons analysiert. Im Anhang zur 2014 erschienen dritten Auflage von Subversion zur Prime-Time werden 24 Simpsons-Staffeln mit 530 Episoden gelistet.
Auch die Neuuflage des Buchs enthält wieder Beiträge von zahlreichen Autoren, darunter die aktualisierten Versionen von bewährte Artikeln mit originellen Überschriften wie Method Acting im Kwik-E-Mart oder auch Little Shop of Homers, einen Bericht über den “Simpsons-Sellout“ an allen Laden-Fronten.
Auch der 2007 gestartete Simpsons-Kinofilm ist natürlich ein Thema, wobei Andreas Rauschinger bedauert, dass dieser “statt die von zahlreichen Drehbuchratgebern feilgebotenen narrativen Muster zu demontieren, diese selbst beispielhaft erfüllte.“
Bemerkenswert ist ein neu ins Buch aufgenommenes Interview mit Regisseur David Silverman, einem der “Simpsons-Pioniere der ersten Stunde“. Von diesem ist zu vernehmen, dass das Team um Matt Goening nicht wirklich anstrebt “Subversion zur Prime-Time“ zu produzieren: “Aber subversiv zu sein, bedeutet ja ursprünglich, dass man etwas umstürzen will. Wir bieten hingegen beobachtende Satire und Satire, das würde ich nicht unbedingt subversiv nennen.“ Insgesamt zeigt diese Neuauflage, dass die Simpsons ihr Pulver noch längst nicht verschossen haben.
Das ultimative Buch zu Serie präsentierte Alexander Braun 2024 mit großartig recherchiertes und opulent bebildertes Prachtband Die Simpsons: Gelber wird’s nicht.
Als die Partei Die Partei 2004 gegründet wurde, war Martin Sonneborn im Wahlkampf mit “einem positiven Europabild angetreten, im Vertrauen darauf, dass die EU das Beste ist, was wir haben, inklusive Gurkenverordnung, kafkaesker Bürokratie, langweiliger Funktionalität.“ Doch nach zehn Jahre als gewähltes Mitglied des europäischen Parlaments ist sein Urvertrauen weg: “Das bröckelt jetzt alles.“
Sein erstes Buch Herr Sonneborn geht nach Brüssel wirkte eher wie eine Freakshow voller angeblicher Volkvertreterinnen und selbsternannten Experten. Ein großes Thema war, dass es Die Partei zusammen mit weiteren kleinen Parteien gelungen war, dass die zuvor in Deutschland bei Europawahlen geltende Sperrklausel vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und außer Kraft gesetzt wurde. Dadurch konnte Martin Sonneborn nach der Europawahl 2014 dank eines Stimmanteil von 0,63 % für Die Partei nach Brüssel gehen.
Zwar versuchen die etablierten Parteien weiterhin die Sperrklause wieder einzuführen. Doch 2019 schaffte Die Partei – wohl auch dank des realistischen Slogans „Für Europa reicht’s“ und Kandidaten mit Nachnamen wie Bombe, Krieg, Göbbels oder Heß – sogar 2,4 %. Daher ging jetzt auch der Kabarettist Nico Semsrott für Die Partei nach Brüssel. Doch diesem missfiel zunehmend der am Satiremagazin Titanic geschulte Altherren-Humor Sonneborns. Semsrott verließ daher Die Partei im April 2021, blieb aber fraktionsloses Mitglied im Europaparlament und hat mit Brüssel sehen und sterben mitlerweile ein eigenes Buch geschrieben.
In seinem zweiten Europabuch geht Sonneborn relativ unemotional auf den Zwist mit Semsrott ein. Insgesamt ist jedoch zu spüren, dass ihm zunehmend der Spaß vergangen ist und er oftmals die Ebene der reinen Satire verlässt. Spitzfindige Beschreibungen der sich für alles andere als ein besseres Europa engagierenden Mitgliedern des europäischen Parlaments sind diesmal Mangelware. Stattdessen wird mit spürbarer Wut angeprangert, dass auch aktuell noch Milliarden von Steuergeldern für schon lange nicht mehr benötigte Impfstoffe verpulvert werden, während wortlos dabei zugesehen wird, wie nahe der europäischen Grenze die Diktatur Aserbaidschan Genozid an den Armeniern in Bergkarabach verübt.
Hauptverantwortliche ist für Sonneborn die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen,, die er 2019 bei ihrem Amtsantritt bereits mit einer hellsichtigen einminütigen Rede abwatschte. Er begrüßte sie im EU-Parlament als „eine europapolitisch völlig kenntnisfreie deutsche Ministerin, die lediglich durch einen irren Hang zu überteuerten Beratern, Missmanagement und Euphemismen aufgefallen ist.“ Daher ist sein Motto: „Wir sollten Europa nicht den Leyen überlassen. Zwinkersmiley!“ Es ist zu hoffen, dass Sonneborn noch lange weitermacht und uns – ganz entgegen den politischen (Un-) Sitten – weiterhin mit Informationen aus erster Hand über den Zustand Europas versorgt, auch wenn es dabei immer weniger zu lachen gibt.
Diese erstaunliche Edition erzählt Comicgeschichte(n) aus mehreren Jahrzehnten. Als Jean Van Hamme das erste in diesem Band enthaltene Album schrieb, arbeitete er noch bei Philips als sehr gut bezahlter Leiter der Abteilung für Haushaltsgeräte und langweilte sich. Nebenbei verfasste er Romane und Szenarios für Comics.
Daniel Henrotin alias Dany zeichnete damals in einem semirealistischen Stil die Funny-Serie Oliver & Columbine. Autor war Michel Louis Albert Régnier alias Greg, der 1965 auch als Chefredakteur das Comicmagazin tintin leitete. Van Hamme legte Greg das Szenario für eine 46-seitige abgeschlossene Geschichte vor. Greg fand die Story zwar sehr spannend, hielt sie aber nicht geeignet für Tintin, da dort nur Serien zum Abdruck kamen.
Warum Abenteuer ohne Helden dennoch von Dany in einem realistischen Stil in Szene gesetzt und nicht nur 1975 in Tintin, sondern zwei Jahre später auch noch erfolgreich als Album veröffentlich wurde, erzählt Volker Hamann (Reddition) in einem sehr lesenswerten und reich bebilderten Text, der in diesen Buch als Nachwort enthalten.
Van Hamme wählte den Titel Abenteuer ohne Helden, weil keine der zahlreichen Charaktere in seiner Geschichte die Hauptrolle spielt. Doch einige der fünfzehn Überlebenden eines Flugzeugabsturzes über dem Dschungel von Mato Grosso vollbringen durchaus Heldentaten, während andere sich ziemlich erbärmlich verhalten.
Anders als geplant, erschien 1997 doch noch eine Fortsetzung. Dany konzentriert sich mittlerweile auf erotische Comics und Van Hamme war mit Serien wie Thorgal, XIII oder Largo Winch einer der erfolgreichsten Autoren Europas. In 20 Jahre danach werden einige der Überlebenden Fluges Corair 512 ermordet und andere brechen auf zur Absturzstelle, um dort einen politisch brisanten Gegenstand zu finden…
Bei uns wurden die beiden sehr lesenswerten Alben zwar bei verschiedenen Verlagen veröffentlicht, doch noch nie in einer Gesamtausgabe. Für die Edition von Schreiber & Leser spricht aber auch, dass erstmals als verbindende Elemente fünf zusätzliche Comicseiten und der amüsante Prosatext Flashback enthalten sind. Letzter stammt angeblich von Largo Winch, der darin schildert, wie er dem “oft unsäglich nervenden“ Van Hamme in einer Bar in Puerto Limon von jenem „Abenteuer ohne Helden“ erzählte.
David Safier, der Schöpfer des TV-Erfolgs Berlin, Berlin machte 2021 im Roman Mord in der Uckermark aus der scheidenden Bundeskanzlerin eine Kriminalfälle lösende Miss Merkel. Die Idee war nicht neu und zuvor erschien bereits im Satiremagazin Titanic die Reihe Miss Merkle – Macht ist ihr Hobby thematisiert.
Doch Safier machte sich relativ ernsthafte Gedanken darüber, wie es wäre, wenn es Angela Merkel im Ruhestand zusammen mit ihren Gemahl Joachim Sauer in der Uckermark etwas zu ruhig wird. Wäre es dann nicht eine willkommene Abwechslung, wenn sie Mordfällen klären könnte?
Mittlerweile sind drei Romane mit Miss Merkel erschienen und auch bei RTL ist die Kanzler-Detektivin in Serie gegangen. Für die Hauptrolle wurde mit Katharina Thalbach die Idealbesetzung gefunden. Diese brillierte bereits 2013 als Bundeskanzlerin “Angela Murkel“ im SAT.1-Film Der Minister, einer sehenswerten TV-Satire auf “Doktor“ Karl-Theodor zu Guttenberg.
Die beiden ersten Kriminalfälle liegen mittlerweile auch auf DVD vor und sind solide aber auch pfiffig konstruiert. In der ersten Episode kommt ein selbstherrlicher Schlossbesitzer zu Tode und in Folge 2 wird auf einem Friedhof die Leiche eines Totengräbers gefunden. Beide Male vermutet der dienstfaule Kommissar Hannemann, dass es sich um Selbstmorde handelt, doch Miss Merkel glaubt nicht daran…
Thorsten Merten ist als Joachim Sauer ebenfalls großartig, doch ohne die Hauptdarstellerin wäre die Serie nicht denkbar. Wenn Katharina Thalbach so weitermacht und Angela Merkel sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzieht, wird bald jeder die ehemalige Kanzlerin mit der amtierenden Miss Marple verwechseln.
Franz-Ferdinand Maria Wilhelm Ladislaus Ignatz Otto Maximilian Franz Joseph Rochus Cedric Lord Fauntleroy Freiherr von und zu Donnersberg heißt die Hauptfigur dieser TV-Satire. Diesem mäßig begabten Adelsspross gelingt es nicht nur Minister, sondern sogar Hoffnungsträger für ganz Deutschland zu werden. Doch obwohl er schon einen so schönen langen Namen hatte, musste unbedingt noch ein Doktortitel hinzukommen. Doch beim Promovieren hat “Donnie“ geschummelt und wird dann Jahre später auf der Höhe seines Ruhms kalt erwischt…
Eigentlich sollte Jan Josef Liefers 2013 die sehr nah an Karl-Theodor zu Guttenberg angelehnte Hauptfigur dieses SAT.1-Films spielen, doch er wurde als zu alt befunden und Kai Schumann (Doctor’s Diary) bekam den Part. Diesem gelingt es den adeligen Politiker zwar aalglatt aber auch durchaus auch sympathisch zu verkörpern. Ein guter Kunstgriff ist es der der Realität abgetrotzten Hauptfigur einen fiktiven Jugendfreund an die Seite zu stellen, der sowohl sein politischer Berater als auch der Autor von dessen Doktorarbeit wird.
Dieser Max Drexel ist so etwas wie das moralische Rückgrat der Geschichte, denn ihm wird es langsam zu bunt was “Gutti/Donni“ alles treibt. Johann von Bülow, ein Neffe von Loriot, spielt den Max Drexel sehr menschlich und verhindert dadurch, dass der Film zu albern wird. Großartig ist auch Thomas Heinze als Jan Breitmann, Chefredakteur der größten Boulevard-Zeitung Deutschlands. Dessen lustvolle Verkörperung eines schmierigen Machtmenschen rückt den Film immer wieder in die Nähe von Helmut Dietls meisterlicher Medien-Satire Schtonk!.
Der ganz große Coup ist jedoch die Besetzung der Rolle von Bundeskanzlerin Angela Murkel durch Katharina Thalbach. Ihre Szenen als Machtpolitikerin, die (fast) alles im Griff hat, sind die Highlights des Films und qualifizierten sie für die Titelrolle der Serie Miss Merkel.
„Der Minister“ ist eine entwaffnende Mischung aus Satire und der genüsslichen Nachstellung von skurrilen Ereignissen, die sich – man mag es kaum glauben – fast genauso zugetragen haben. Die Blu-ray enthält zum Film enthält als Bonusmaterial ein Making Of (14:26 min) Delted Scenes (3:40 min), Outtakes (6:32 min) und zwei amüsante kurze Dokus: „Geistiges Eigentum“ (0:37 min), „Das Interview“ (1:59 min) und “Copyright-Hinweis“ (1:00 min)
Es erstaunt weiterhin, mit welchen ungewöhnlichen Themen sich eine Serie aus dem Spirou-Universum über die Abenteuer des noch halbwegs jungen Grafen Rummelsdorf beschäftigt. Nachdem er dabei half den Codes der von den Nazis entwickelten Dekodierungs-Maschine Enigma zu knacken, fand er im zweiten Album Patient A heraus, dass die Deutschen im Zweiten Weltkrieg ihren Soldaten das Aufputschmittel Pervitin („Panzerschokolade“) verabreichten.
In Eine Handvoll Kohlenstoffatome, dem dritten Soloabenteuer von Pankratius Hieronymus Ladislaus Adalbert Graf von Rummelsdorf, geht es um Verhütung. Im Rahmen einer spannenden Handlung wird sowohl die Funktionsweise der Pille erklärt, als auch die Gefahren von durch medizinische Laien durchgeführten Abtreibungen thematisiert.
Nach einem erschütternden Prolog, in den (Vorsichtig, Spoiler) Rummelsdorfs Freundin Blair Mackenzie 1941 von ihm schwanger ist und bei dem Versuch einer Abtreibung ums Leben kommt, entwickelt der Graf die Grundlagen der Antibabypille. 1951 bekommt er Besuch aus den USA und reist mit Margaret Sanger, die sich für Frauenrechte und Geburtenkontrolle einsetzt, nach Boston.
Dort soll er seine Forschungsergebnisse mit anderen Wissenschaftlern teilen und wird auf dem Weg zu seinen Kollegen von Agenten verfolgt. In Boston kommen der Graf und Margaret an einem Kino vorbei, in dem gerade Alfred Hitchcocks Der Fremde im Zug gezeigt wird. Das ist natürlich kein Zufall, denn das zum Teil in einem Zug spielende Comic-Abenteuer erinnert an frühe Hitchcock-Filme wie Die 39 Stufen oder Eine Dame verschwindet.
Einmal mehr gelang ein großartig von David Etien ( Die Vier von der Baker Street) in Szene gesetztes Album, mit dem das Autorenduo Béka (Bertrand Escaich und Caroline Roque) erneut ein ernsthaftes Thema anspricht. Die Geschichte ist erschreckend aktuell, denn das höchste Gericht des US-Bundesstaats Arizona hat gerade ein 160 Jahre altes Abtreibungsgesetz für gültig erklärt. Ärzten, die Abtreibungen vornehmen, drohen fünf Jahre Haft und den dortigen Frauen weiterhin ein ähnlich trauriges Schicksal wie Rummelsdorfs geliebter Blair.
Nach einigen seltsamen Todesfällen wird Robert Thorn, der als amerikanischer Botschafter von Rom nach London versetzt wurde, nach und nach klar, dass sein Sohn Damien der wiedergeborene Antichrist ist. Damien ist gar nicht das leibliche Kind der Thorns, sondern Robert adoptierte ihn nachdem sein neugeborener Sohn starb, ohne seine Frau darüber zu informieren.
Damien war in einem katholischen Waisenhaus in Rom exakt zur selben Zeit wie der Sohn der Thorns zur Welt gekommen: Am 6.6 um 6 Uhr (66?). Das Omen von 1976 ist mittlerweile ein klassischer aber auch untypischer Horrorthriller. Ähnlich wie bei Roman Polanskis Rosemary’s Baby kann es sich auch hier bei den (allerdings recht zahlreichen) tragischen Unfälle rund um Damien durchaus um eine Verkettung unglücklicher Zufälle handeln.
Richard Donner verkneift sich zwar allzu spektakuläre Horrormomente, doch im Gegensatz zu Polanski inszeniert er den Film so, dass dem Zuschauer genau wie Gregory Peck als Robert Thornschon recht schnell klar wird, dass hier ganz eindeutig der Teufel seine Hände im Spiel hat. Es folgten drei direkte Fortsetzungen, ein Pilotfilm und eine nach einer Staffel eingestellte Serie. 30 Jahre nach Das Omen entstand ein ziemlich ziemlich werkgetreues Remake und fast ein halbes Jahrzehnt später folgte mit Das letzte Omen ein Prequel.
Diese spielt genau wie der Anfang des Originals Ende der Siebziger in Rom und im Zentrum steht die junge US-Amerikanerin Margaret Daino (Nell Tiger Free), die als Novizin voller Enthusiasmus eine Stelle in einem katholischen Waisenhaus antritt. Kenner von Das Omen werden ahnen, um welche Institution es sich handelt.
Die junge Frau wird mit seltsamen Zuständen im Waisenhaus und wenig vertrauenswürdigen kirchlichen Würdenträgern konfrontiert wird. Zugleich freundet sich Margaret mit der “Kollegin“ Luz (Maria Caballero) an, die sie überredet sich ins römische Nachleben zu stürzen.All das wurde nicht ungeschickt und visuell ansprechend von der bisher fürs Fernsehen tätigen Arkasha Stevenson in Szene gesetzt.
Der Zweck des sehr gelegentlich Horrormomente einsetzenden und mit zuverlässigen Darstellern wie Sônia Braga, Bill Nighy und Charles Dance sehr gut besetzten Ganzen will nicht wirklich einleuchten. Erst gegen Ende erklingt Jerry Goldsmiths oscar-prämiertes Leitmotiv und der Film fädelt sich in das Franchise ein. Ob es ein gutes Omen ist, dass es hier auch Raum für Fortsetzungen gibt?
Nach einigen seltsamen Todesfällen wird Robert Thorn, dem amerikanischem Botschafter in London, nach und nach klar, dass sein Sohn Damien der wiedergeborene Antichrist ist. Damien ist gar nicht das leibliche Kind der Thorns, sondern Robert adoptierte nachdem sein neugeborener Sohn starb, ohne seine Frau darüber zu informieren. Damien war exakt zur selben Zeit wie der Sohn der Thorns zur Welt gekommen: Am 6.6 um 6 Uhr (66?).
Mit erstaunlich viel Respekt vor dem Originalfilm von 1976 inszenierte John Moore (Der Flug des Phoenix) diese Neuverfilmung von Richard Donners Horrorklassiker Das Omen. David Selzer schrieb wieder das Drehbuch und nahm kaum Änderungen vor. Doch seltsamerweise fehlt ausgerechnet jene Szene, die seinerzeit für die meiste Aufregung sorgte. Der damals von David Warner gespielte Reporter wurde nach allen Regeln der Horrorfilmkunst von einer herabfallenden Glasscheibe enthauptet. Jetzt übernahm David Thewlis diese Rolle und wird weitaus weniger spektakulär um die Ecke gebracht.
Doch ansonsten wurde jede markante Szene aus dem Original auch in die Neuverfilmung übernommen. Etwas unangenehm fallen der arg herumkaspernde Pete Postlethwaite als der das Übel überdeutlich ahnende Priester (der zum Glück recht bald abtritt) und der mäßig talentierte Seamus Davey-Fitzpatrick (der als Damien zur Strafe schließlich bei US-Präsident George Bush landet) auf.
Doch dies wird durch einen gelungenen Besetzungscoup wieder wettgemacht: Mia Farrow, die einst Rosemary’s Baby austrug, liefert eine Galavorstellung als teuflisches Kindermädchen inklusive eines äußerst spektakulären Abgangs. Liev Schreiber und Julia Stiles hingegen sind (genau wie Gregory Peck und Lee Remick im Original) zum Ausgleich als Eheleute Thorn ein normal wirkender ruhender Pol in dieser angenehm altmodischen Neuverfilmung, für die ein mehr als passender Starttermin gefunden wurde: der 6.6.2006.